Flördeliese
Unter Blumen auf der Wiese,
ei, wie schlägt mein Herz den Takt,
unter Blumen auf der Wiese
liegt die schöne Flördeliese,
auf der wiese
splitternackt.
Über den Bachrand, zwischen den Weiden,
hängen die abgestreiften Seiden,
und, wie ein Veilchen, aus ihrem Haar
blinkt hier ein blaues Pantöffelchen gar.
Scheint die sonne, weht der Wind,
lauter Dummheit träumt das Kind:
"Gott, wo ist er nur geblieben,
Gummibusen Nummro sieben?
Seh' ich wirklich! Seh' ich recht?
Alles echt!
Diese Schultern, zart und rund,
liebt der Prinz von Trapezunt;
diese Arme, weiß und fein,
sind aus purstem Elfenbein.
Merkt er drunter die beiden Mäuschen,
gleich ist der Schlingel wie aus dem Häuschen;
stupst mich, packt mich, kriegt mich her,
als ob ich aus lauter Gusseisen wär.
Darf mich wirklich kaum noch recken,
muss die Kleinchen ganz verstecken,
wenn ich abends vorm Spiegel steh',
oder mein Haar zum Knoten dreh'.
Willst du wohl? Wirst du? Nicht so dicht ran!
Und ich wehr' mich, so gut ich kann.
Na? Wird's nu? Nicht doch! Ich beiß sonst zu!
Siehst du, du oller Ruppsack du?
Doch das Entzückendste für mein Schätzchen
ist diese Kätzchen!
Ach, mein ganzes Herz geht auf,
scheint die liebe Sonne drauf!
Kuck, was hat bloß das Gesellchen
für ein süßes, blondes Fellchen,
ohne Höschen, ohne Röckchen,
nein, wie lieb sind seine Löckchen.
eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs, sieben,
wie sie zierlich sich verschieben,
flimmernde, goldigste Dingelchen,
lauter kleine Kringelchen!
Lass ich Dummchen sie mal sehn,
Gott, das kann ja mal geschehn,
bloß ich schäme mich, es zu sagen,
geht's mir gleich an Kopf und Kragen,
hu, der Tollpatsch, hu, der Bär,
hilft kein Schrein, kein Zappeln mehr!
Und wie verliebt erst ist das Bübchen
in dieses Grübchen . . .
Ach, er ist ein so herziger Bengel!
Ich bin sein Pläsierfisch, ich bin sein Engel.
Ich bin sein Goldkäferchen, sein grüner Schuh,
sein kleines Täubchen Turlutu.
Über meine Brust kein Äderchen rennt,
das er nicht hundertmal, tausendmal kennt,
das kleinste Härchen auf meinem Leib
ist ihm der himmlischste Zeitvertreib.
Gestern hat er wie verrückt
mir einen Kuss aufs Knie gedrückt,
warf sich dann über mich zwischen die Kissen,
Himmel, Hilfe, und hat mich gebissen!
Stöhnend wand ich mich - o du Mann -
durch mein Blut ein Feuer rann.
Über diese runden, runden Dinger
zitterten selig seine Finger,
über diesen weißen, weißen Samt
haben seine stammelnden Lippen geflammt.
Ich war so erschreckt, ich war so froh,
seine langen, blonden Schnurrbarthaare kitzelten so.
Jubelnd spürt' ich seinen Zunge,
Junge!!
Nein. Was doch so ein Tollkopf nicht alles macht!
Herr, Gott, hab' ich dann gelacht!
Ob ich ihm böse war? Hm, ja Kuchen.
So ein Mädel kann er suchen.
So ein Mädel, so wie mich,
so ein Mädel find't er nicht!
Wiegt mich erst in den Armen wer,
kennt mein Herz kein Erbarmen mehr.
Um den Zitternden, um den Bangen,
ringelt es selig seine Schlange,
ringt ihn sich, zwingt ihn sich in den Schoß,
zittert und zuckt und lässt nicht mehr los,
und nicht eher bin ich besiegt,
als bis er tot und auf mir liegt.
Dort der Himmel, hier das Moos,
ach, ich wollt', ich hätt' ihn bloß!"
Scheint die Sonne, weht der Wind,
lauter Dummheit träumt das Kind.
Drückt die Augen zu, kichert, wenn er das wüsste,
und bewirft sich mit Schlüsselblumen die Brüste:
"Ohne Hemd und ohne Strümpfe,
ei, wie schlägt das Herz den Takt,
ohne Hemd und ohne Strümpfe,
bin ich nicht die schönste Nymphe,
ohne Strümpfe,
splitternackt?
Arno Holz 1863 - 1929
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